Flugsicherheit

von Eric Böhnisch-Volkmann

An Christi Himmelfahrt ging es aus Baden-Württemberg und Bayern für 56 Privatpiloten in 26 Flugzeugen zum Sicherheits-Training in die Lüfte. Mit Unterstützung der militärischen Flugsicherung Niederstetten und der Deutschen Flugsicherung bot der Fachausschuss Motorflug/Ultraleichtflug des Baden-Württembergischen Luftsportverein BWLV ein zweitägiges Seminar „Rettung aus Schlechtwetter“.

Stets an Weiterbildung interessiert, nehmen zwei Fluglehrer und drei Piloten des LSV Hohenasperg die Chance wahr, sich fortzubilden. Das Seminar ist für Fluglehrer als Fortbildung amtlich anerkannt.

Ehepaar Schütt mit Fluglehrer​ Axel Böhler, LSV Hohenasperg

Normalerweise fliegen die Piloten in Pattonville unter Sichtflugbedingungen. Das bedeutet, dass sie Mindestabstände zu Wolken, Gelände und Ortschaften einhalten müssen. Ebenso muss entweder die Sicht zum Erdboden (Flug in geringen Höhen) oder eine Minimalsicht von 5 Kilometern horizontal, je nach Luftraum in dem man sich befindet, gewährleistet sein. So können sich die Piloten während des Fluges stets gut orientieren.

„Da wir hier in Deutschland vom westeuropäischen maritimen Klima und dem osteuropäischen Kontinentalklima beeinflusst werden, kann sich das Wetter sehr schnell ändern — und damit die Sicht“, informiert uns Axel Böhler, Motorflugreferent des LSV Hohenasperg und Fluglehrer seit 2013. „Daher ist für uns Piloten eine intensive Flugvorbereitung inklusive Wetterbriefing sehr wichtig.“ Sollten sich unvorhergesehen nun einmal doch die Sichtflugbedingungen auf ein Minimum verschlechtern, etwa bei einer schneller herankommenden Schlechtwetterfront, bedeutet dies Stress für den Piloten. Ein schnelles und sicheres Handeln kann nun lebenswichtig sein.

So dreht sich am ersten Tag des Flugsicherheits-Seminars in Niederstetten (Main-Tauber-Kreis) alles um die Hintergründe von Schlechtwetter und Flight-Management. Die Piloten erfahren viel über die psychologischen und physiologischen Aspekte bei einem schlechtwetterbedingten Orientierungsverlust. Koordinierung der Instrumente, Kommunikation sowie Organisation und Verfahren der Flugsicherung der Bundeswehr Niederstetten und der DFS/FIS sind ebenso wichtiger Bestandteil der Schulung.

Zur Durchführung des praktischen Teils bringen die Piloten jeweils eigene Luftfahrzeuge des Vereins mit, in unserem Fall eine einmotorige Piper PA28-161 Cadett, die bis zu vier Personen Platz bietet, und ein Ultraleicht-Flugzeug BRM Aero Bristell mit einem Leergewicht von nur 339 Kilogramm.

Reinhard Thomas, Fluglehrer mit Martin Kraus, Ultraleichflugreferent

Nach einem vorbereiteten Flugbriefing werden unter simulierten Instrumentenflugbedingungen zwei Radar-Platzrunden geflogen. Die Piloten bekommen eine Art Haube auf den Kopf, die ihnen nur den Blick auf die Bordinstrumente lässt. Die Flugsicherung der Bundeswehr Niederstetten erfasst die Flugzeuge per Radar und lotst sie per Funk.

Präzisions-Anflug mit Radarüberwachung seitens der Bundeswehr Niederstetten

Der anschließende Präzisions-Radar-Anflug findet ebenso unter simulierten Schlechtwetterbedingungen statt. Der Pilot hat durch seinen Blickschutz weiterhin keine Sicht aus dem Cockpit und bekommt lediglich in kurzen Abständen Anweisungen von der Bodenstelle der Bundeswehr mit Kursen und Höhen, die er für einen sicheren Landeanflug erfliegen muss: das sogenannte „Heruntersprechen auf die Landebahn“.

Da keine Landung ohne Bodensicht erfolgen darf, weder in der Simulation noch unter realen Bedingungen, darf der Pilot kurz vor der Landung, in einer Höhe von ca. 200 Fuß (knapp 70 Meter), die Haube absetzen und seine Landung wie gewohnt absolvieren. Der ganze Flug findet selbstverständlich in Anwesenheit eines Fluglehrers statt — Sicherheit geht vor.

„Es war eine ganz neue Erfahrung und ein gutes Training, sich nicht auf seine eigenen Sinnesorgane und Gefühle verlassen zu dürfen, sondern hundertprozentig den Bordinstrumenten des Flugzeugs und den präzisen Vorgaben eines Flugleiters auf dem Turm vertrauen zu müssen“, so Petra Schütt, seit kurzem Pilotin in Pattonville. „Das erfordert höchste Konzentration“.

Ziel dieses Seminar war es, den Unterschied zwischen Sichtflug und Instrumentenflug zu erfahren, seine eigenen Reaktionen unter Stress zu erleben und Fehlentscheidungen während des Fliegens zu erkennen und zu vermeiden.

Alle Piloten sind nach zwei Tagen Intensivtraining wieder bei schönstem Wetter und klarer Sicht zurück an ihren Heimatflugplätzen mit der Erkenntnis, dass bei schlechtem Wetter nur eine besonders kritische Planung und unter Umständen auch der Verzicht auf den Flug die notwendige Flugsicherheit gewährleisten. Denn jeder Pilot will mit dem Wissen in die Lüfte starten, wie in entsprechenden Situationen zu handeln und wie zu fliegen ist, um stets gut und sicher landen zu können.

Links: Einmotorige Piper PA28-161, rechts: Ultraleicht-Flugzeug BRM Aero Bristell

Petra Schütt

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