Jersey, eine Perle im Ärmelkanal

von Eric Böhnisch-Volkmann

Jersey, eine Perle im Ärmelkanal

Bereits im Januar planten wir den Ausflugstermin, jetzt war es endlich soweit. Das Hotel war ebenfalls schon seit langem gebucht. Eigentlich kann man Mitte Juli selbst für die Kanalinseln mit brauchbarem Flugwetter rechnen. Doch dieses Jahr scheint nicht nur das Wetter, sondern auch die Situation in Teilen Europas durch diverse Anschläge instabil zu sein.

Da unser Anreisetag für den 14. Juli geplant ist und an diesem Tag der „Fête Nationale“, also Nationalfeiertag, in Frankreich ist, müssen wir aus gegebenem Anlass mit erhöhter Präsenz der Sicherheitsbehörden rechnen. Weiterhin ist wegen der Anschläge in Brüssel und Paris das Schengen-Abkommen Ende außer Kraft gesetzt, sodass wir mit entsprechenden Zollabfertigungen planen müssen. Wir entschlossen uns, unser Routing entgegen der ersten Planung auf einen Zwischenstopp in Amiens zu ändern, das zirka auf der Hälfte der Strecke nördlich von Paris liegt.

Das erste Leg ist bis Saarlouis (EDRJ) geplant, wo wir nochmals tanken und unseren Flugplan aktivieren. Drei meiner Vereinskameraden und ich treffen uns um 0800 in Pattonville (EDTQ). Wir checken das Wetter und müssen am Morgen noch mit marginalen Bedingungen insbesondere über dem Pfälzer Wald rechnen. Zuerst belädt unser „Ramp Agent“ Frank das Flugzeug in bewährter Weise; wir haben zusammen schon oft Ausflüge unternommen. Nach intensivem Check unserer Cessna 182T D-ERFT starten wir pünktlich und laden knapp einer Stunde später EDRJ. Das Wetter war, wie vorhergesagt, noch stark durchwachsen. Der ein oder andere Schauer kam uns mit niedrigen Untergrenzen entgegen, jedoch sollte es später in Richtung Westen deutlich besser werden.

Wir tanken nochmal bis auf 250L nach und haben so auch mit Gegenwind und Ausweichflugplatz genügend Benzin in den Flügeln, um in einem Rutsch bis nach Jersey (EGJJ) zu fliegen. Jetzt aber noch einmal die neuesten NOTAMs checken, was in Frankreich wegen der vielen teils temporären Sperrgebiete immer besonders wichtig ist. Dann war auch schon die Bestätigung vom AIS-Büro über die Verarbeitung unseres Flugplanes da.

Der freundliche Türmer in Saarlouis öffnete unseren Flugplan und wir nehmen direkt Kontakt mit Luxemburg zum Durchflug der Kontrollzone auf. Dort werden wir mit Vektoren durch die Kontrollzone geroutet und melden uns schon 15 Minuten später, als wir über französischem Gebiet sind, bei Paris Information. Dessen Controller hatte, wahrscheinlich durch den Feiertag bedingt, eine kleine Auszeit genommen, knapp zehn Minuten später konnten wir aber auch ihm unser Flugvorhaben mitteilen.

Von dort an werden wir nun sehr freundlich und unproblematisch an die entsprechenden FIS-Stellen weitergegeben. Auch die Durchflüge durch die Lufträume Delta werden sofort und ohne Einschränkungen mit „transition approved“ erteilt. Auf der Strecke durch Frankreich gibt man uns mindestens zehn mal an neue Lotsen weiter — man sollte also ein ausreichend großes Blatt Papier zum Mitschreiben der Frequenzen und Transponder-Codes bereit halten.

Auf dem Weg in Richtung Westen lassen wir unser ursprüngliches Ziel Amiens links liegen und schauen nach unten, wo gerade eifriger Segelschleppbetrieb im Gange ist. Kurz vor Dieppe drehen wir auf südwestlichen Steuerkurs, um über's Meer an Le Havre vorbei in Richtung St. German, dem Entry Point von Jersey, zu fliegen. Wieder übergibt man uns, jetzt an Jersey Approach, von dem wir noch vor Erreichen des Southeast Corner eine Freigabe zum Direktanflug auf die Piste 26 erhalten. Ein letzter Wechsel zu Jersey Tower und das „clear to land runway two-six“ war nur noch Formsache. Ein toller Landeanflug über die Insel in Richtung Meer: einfach genial.

Nach einer Flugzeit von 3 Stunden und 7 Minuten landen wir auf EGJJ und taxieren zum JAC, dem Jersey Aero Club, wo wir unser Flugzeug kostenlos abstellen können. Jetzt genießen wir die ersten Züge Inselluft und schauen den nachfolgenden Maschinen beim Landen zu. Der erste Eindruck war bei mittlerweile CAVOK-Bedingungen fantastisch! Wir entladen unser Gepäck, verzurren das Flugzeug und begeben uns zum JAC, um alle Formalitäten zu erledigen. Die freundliche Dame hatte bereits unsere zuvor in Deutschland aufgegebene General Declaration, eine Zollerklärung, die man von der Homepage des Jersey Aero Club herunterladen kann, vorliegen. Eine reine Formsache. Die Bezahlung der Landegebühr wird beim Abflug mit dem Tanken zusammen bezahlt. So einfach und unkompliziert hätten wir das nicht erwartet.

Nach kurzem Fußmarsch vom JAC stehen wir an der Bushaltestelle des Hauptterminals und steigen in den Bus 15 in Richtung der Hauptstadt Jerseys, St. Helier. Da unser Hotel an der Ostseite der Insel liegt, steigen wir an der Endhaltestelle Liberation Station aus. Nach einer kurzen Kaffeepause im Trubel der Hauptstadt nehmen wir den Bus 1a, der uns zu unserem Hotel in der Gemeinde (Parish) Grouville bringt. Während der Busfahrt konnten wir uns schon gedanklich für unsere anstehenden Fahrradtouren mit dem Linksverkehr vertraut machen.

Im Hotel „The Beausite Hotel", einem einfachen aber sehr gemütlichem und sauberen Drei-Sterne-Hotel angekommen, ist es mittlerweile schon später Nachmittag. Wir buchen noch Fahrräder, die uns dann für die nächsten zwei Tage zur Verfügung stehen.

Seeluft macht ja bekanntlich hungrig und so begeben wir uns auf den Weg ins 2,5 Kilometer entfernte Gorey, wo es genügend Auswahl an kleinen Restaurants gibt. Auf dem Weg dorthin genießen wir die tolle Landschaft und schlendern entlang des Golfplatzes in Richtung des Hafens, der in der Abendsonne jedem Foto aus dem Urlaubskatalog standhält. Da gerade Niedrigwasser ist, stehen die Boote in dem kleinen Hafen im Trockenen. Nach einem guten Abendessen und einer Flasche Rotwein schlendern wir müde und zufrieden zurück ins Hotel. Ein langer Tag mit vielen Eindrücken geht zu Ende.

Am nächsten Morgen nehmen wir nach einem gemütlichen, jedoch für uns gewöhnungsbedürftigen „English Breakfast“ die Fahrräder entgegen. Ohne allzu große Vorplanung machen wir uns auf den Weg in Richtung Osten. Wir fahren entlang der Küstenstraße vorbei an Gorey, dem malerischen Hafenstädtchen, in Richtung St. Catherine, wo wir immer wieder anhalten und die schöne Landschaft mit wunderbaren weißen Sandstränden genießen. Es sind nur sehr wenige Autos unterwegs, sodass das Fahren an der Küstenstraße überhaupt kein Problem ist. Selbst wenn wir mal nebeneinander fahren, gibt es nicht sofort ein Hupkonzert — in Deutschland undenkbar.

Von St. Catherine aus nehmen wir Kurs ins Landesinnere. Über kleinste Sträßchen fahren wir vorbei an wunderschön gebauten Häuser mit entsprechenden Grundstücken. Man merkt hie deutlich, dass, begünstigt durch einen moderaten Steuersatz, ordentlich Kapital auf der Insel ist. Die Vegetation ist gemischt aus Gräser, Farn, Blumen und Bäumen, aber auch Palmen. Es entsteht sofort ein mediterranes Urlaubsgefühl. Wir fahren Richtung Trinity und biegen noch vor Erreichen des Durell Wildlife Parks nach links Richtung Maufant ab. Nach einem Mittagessen mit Fish & Chips fahren wir weiter zur Hauptstadt St. Helier, wo wir im Zentrum die Markthalle besuchen. Einen Espresso und einen kleinen Zuckerschub später gehen wir noch ein Stück durch die Einkaufsstraßen und beobachten die Leute bei ihren Einkäufen.

Da die meisten Einkaufsläden hier um 17 Uhr schließen, machen wir vor unserer Rückfahrt nochmals Rast in einer kleinen Kneipe mit Außenbereich. Die Sonne strahlt vom fast wolkenlosen Himmel und so nehmen wir wieder die Küstenstraße in Richtung Le Sequez. Allerdings ist hier deutlich mehr Verkehr und man sollte gerade an Kreuzungen und im linksdrehenden Kreisverkehr vorsichtig sein.

Hier gibt es lange Sandstrände wie den in der St. Clements Bay, an dem man stundenlange Wanderungen unternehmen kann. Da gerade Niedrigwasser ist, können wir den typischen Felsen im Wasser gut sehen. Bei einem Tidenhub von rund zehn Metern ist das Wasser an dem flachen Strand weit draußen. Nach einer knappen Stunde fahrt, biegen wir in die Straße des Hotels ein und haben uns eine Dusche und ein Kühlgetränk verdient.

Am Samstag dann frönen wir unserem Zweithobby, Golf. Das hört sich zunächst etwas dekadent an, jedoch war uns das bis dahin noch gar nicht bewusst. Auf der Insel gibt es, wie zu erwarten, mehrere Golfclubs. Und man kann, was in Deutschland gar nicht geht, ohne entsprechendes Handicap auf den Course gehen.

Wir radeln zum Golf Club St. Clements Golf & Sports Center in der Nähe von St Helier, wo wir sehr freundlich empfangen werden. Überhaupt sind hier alle sehr entspannt und deutlich entschleunigter, als wir das aus Deutschland gewohnt sind. Wir mieten uns eine Golfausrüstung mit diversen Schlägern und radeln zur Driving Range, wo uns unser Guide Julius erst mal die Grundlagen beibringt. Da ja die meisten Piloten technisch avisiert sind, besteht eine gewisse Affinität zum ebenfalls eher technischen Golf. Wir spielen eine Neun-Loch-Partie, bei der wir riesig Spaß haben. Natürlich kommt auch ein gesunder Sportsgeist auf. Ziemlich erledigt kühlen wir uns dann mit kalten Getränken im Clubhaus ab. Wir fahren ins Hotel und essen an diesem Abend Steak mit Garnelen. Ausgezeichnet!

Am nächsten Morgen dann machen wir uns mit dem Taxi auf zum Flughafen. Wir tanken AVGAS äußerst günstig für unter einem Jersey Pound (1:1 konvertierbar zum britischen Pfund) pro Liter und bezahlen die Landung. Das Handling durch den Aero Club ist wieder vorbildlich und freundlich.

Nach dem Verstauen des Gepäcks sowie dem Checken von Flugplan und NOTAMs melden wir uns bei Jersey Tower. Wir bekommen die Freigabe zum Rollen sowie, nach dem obligatorischen Motorcheck, das „cleared for takeoff runway two-six“. Für den Rückweg haben wir das gleiche Routing gewählt und fliegen bei CAVOK-Bedingungen der französischen Küste entgegen. Aus dem Fenster schießen wir noch ein paar Fotos zur Erinnerungsunterstützung zu Hause.

Ein traumhafter Kurzurlaub neigt sich dem Ende. Unspektakulär und mit der beschriebenen Gelassenheit der Controller fliegen wir bis Saarlouis, wo wir knapp drei Stunden später landen. Nach einer Kaffeepause nähern wir uns unserem Heimatflugplatz Pattonville.

Eines ist sicher: nach diesem verlängerten Wochenende in Jersey waren wir dort nicht zum letzten Mal! Ein toller Ausflug mit tollen Freunden und einer tollen Insel!

Axel Böhler

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