Heißer Trip um die Adria

von Eric Böhnisch-Volkmann

Jedes Jahr ein neues Ziel — wohin nur diesmal? Im vergangenen Jahr Frankreich, im Jahr davor Nordsee, Dänemark und die Ostsee, auch in den Alpen waren wir schon. Als Vorschläge für 2015 fanden wir das Baltikum oder eine Adria-Umrundung passabel. Die Wahl fiel schließlich auf eine Route, die die UL-gruppe des LSV Hohenasperg über Kroatien, die Adria, Rom und Elba über Turin wieder zum Heimatplatz Pattonville (EDTQ) führen sollte. Allerdings nicht auf die einfache Tour, wie sich bald zeigen sollte.

Der ursprüngliche Plan, über Slowenien nach Kroatien einzufliegen, scheiterte gleich zu Anfang, weil wir für eine unserer UL-Maschinen keine Überfluggenehmigung der slowenischen Behörden bekamen. So blieb nur der Einflug nach Kroatien über die Po-Ebene. Erstes Ziel war deshalb Nötsch im Gailtal (LOKN), das direkt an der österreichisch-italienischen Grenze liegt.

Schon das Hinkommen war ein Genuss. Die UL-Gruppe flog von Pattonville über den Achensee ins Zillertal und über den Gerlospass, um dann eine fliegerisch anspruchsvolle Route zu wählen, nämlich zwischen Großglockner und Großvenediger in 9.500 Fuß weiter in Richtung Nötsch. Die angeschlossene zweite Gruppe in einer Cessna 182, deren Piloten allesamt allerdings auch UL-Flieger sind, erreichte Nötsch auf der eher klassischen Route. Tanken und verpflegen — dann mit Flugplan über das Val Canale, die Po-Ebene, den malerischen Ort Grado und die Bucht von Triest nach Pula (LDPL), der ersten Station in Kroatien.

Der nächste Tag, die nächsten großartigen Eindrücke: Entlang der kroatischen Küste auf der äußeren VFR-Route Adria 1 ging es nach Süden. Über zwei Stunden flogen wir in maximal 1.000 Fuß — mehr erlaubten die Controller nicht — über tiefblauem und türkisfarbigem Wasser, über unzählige, meist unbewohnte Inseln, über Segelschiffe mit weißen Segeln und Kreuzfahrtschiffe hinweg. Der Anflug auf Dubrovnik (LDDU) begann am Ende dieser Etappe recht weit auf dem Meer und ließ das Fliegerherz höher schlagen. Der internationale Flughafen liegt auf einer Hochebene, die spektakulär über die Bucht anzufliegen ist. Hinter einem Airbus A 320 hieß es für die UL-Gruppe dann endlich: D-MQCT, runway 12, cleared to land.

Extreme Temperaturen machten das Fliegen schwierig

Nach dem Aussteigen traf uns der Hitzehammer: 41 Grad im nicht vorhandenen Schatten. Dass die Tour Ende Juli hohe Temperaturen mit sich bringen würde, war klar. Aber ausgerechnet in jenen Tagen suchte eine Hitzewelle Südeuropa heim, die das Fliegen anstrengend machte und auch für die Wettersituation aufgrund der hohen Gewitterneigung Probleme mit sich brachte. Mit der buchstäblichen Backofenhitze sollten wir während der Tour noch öfter Schwierigkeiten haben.

Nach einem hochinteressanten und eindrucksvollen Tag in Dubrovnik kam nun der Teil der Tour, vor dem jeder von uns einen erheblichen Respekt hatte — die Überquerung der Adria. Der direkte Weg von Dubrovnik nach Vieste, dem aus dem „Stiefel“ hervorspringenden Teil im Osten Italiens, war uns mit 180 Kilometern beziehungsweise fast einer Flugstunde über dem offenen Meer nicht ganz geheuer. Wir wählten den Weg zunächst ein Stück an der Küste zurück und überquerten dann in rund 40 Minuten die Adria.

Vorausgegangen war ein präzises Briefing, was im Fall der Fälle bei einer Notwasserung zu geschehen hätte. Die UL-Besatzung hätte dabei mit dem Rettungsgerät des Ultraleichtflugzeuges relativ gute Karten gehabt. Letztlich verlief der Flug nach Flugplanaufgabe und viel Kommunikation mit den Lotsen auf Flugfläche 85 jedoch für beide Maschinen problemlos, wenn auch die etwas diesige Sicht hohe Konzentration erforderte.

In Foggia (LIBF) wurde nach dem Überflug der italienischen Küste ein Zwischenstopp eingelegt, dann ging es weiter westwärts über den Apennin. Inzwischen war es so heiß, dass selbst unser steigfreudiges UL Hitzeprobleme bekam. Die Zylinderkopftemperatur stieg in den kritischen Bereich, sodass die Berge nur mit zurückgenommenem Gas und kleiner Steigrate zu meistern waren. Die Landung erfolgte in Salerno (LIRI) an der Westküste Italiens.

Im Endanflug auf den Küstenplatz fielen uns seltsame Hubschrauber auf, die auf dem Vorfeld geparkt waren. Insektengleiche Lastenhubschrauber vom Typ Sikorsky S-64, die von der amerikanischen Firma Erickson Air Crane zu Löschhubschraubern umgewandelt worden waren, kamen von Löscheinsätzen gegen die aktuellen Waldbrände auf dem Apennin zurück. Ein beeindruckendes Stück Metall: der Hubschrauber kann mit seinem Rüssel in weniger als einer Minute über zehn Kubikmeter Wasser aufnehmen und damit Löscheinsätze effizient unterstützen.

Nach dem Besuch in Rom folgte der Weiterflug nach Elba

Ältere kennen den Schlager: „Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt ...“. Die Fortsetzung müsste für UL-Flieger lauten: „... würden wir nicht fliegen“, weil dann logischerweise gleich Sunset wäre und UL keine Nachtflüge durchführen dürfen. Am folgenden Tag war ein Vorbeiflug an Capri und Ischia sowie am Vesuv dagegen gut möglich. Die weitere Route führte an Neapel vorbei, nordwärts an der Küste entlang auf Rom zu.

Leider machte uns auch dort die feuchte Hitze und in deren Folge, die Gewitterneigung zu schaffen. An einen Weiterflug war an diesem Nachmittag nicht zu denken, mächtige Gewitterzellen hielten uns am Boden, nachdem wir geplant für einen Zwischenstopp in Roma-Urbe (LIRU) landeten. Der Platz liegt stadtnah und bietet sich für einen Rom-Besuch mit dem Flugzeug geradezu an. Mit dem Taxi erreichten wir in wenigen Minuten das Zentrum Roms. Die verbleibende Zeit für unsere Adria-Umrundung stand nun in Konkurrenz zu unseren touristischen Wünschen. Ein ganzer Tag in Rom wäre mehr als angemessen gewesen — die Flugfreude siegte jedoch und wir entschlossen uns, nach Elba weiterzufliegen.

Also flogen wir am Tag darauf an der Küste Italiens entlang nach Norden mit herrlichen Ausblicken auf Sandstrände und Küstenorte. Hier gab es auch Freigaben für ordentliche Höhen, sodass wir in 2.500 Fuß entspannt diesen Streckenabschnitt flogen. In der Ferne und im Dunst tauchte im Nordwesten Elba auf. Der recht kurze Sprung von der Küste führte auf das Elba-VOR (Funkfeuer) zu, das auf der südöstlichen Seite der Insel auf dem Gipfel liegt. Wir bekamen den Anflug aus Süden über Marino di Campo angewiesen und meldeten uns zum Refueling. Das Tanken auf Elba (LIRJ) schmerzte: Bekam die UL-Gruppe ohnehin kein Mogas auf den angeflogenen Plätzen, war dort der Preis mit 3,54 Euro pro Liter für Avgas wirklich kein Schnäppchen. Eine neue Erfahrung war auch, dass der Co-Pilot, wohlgemerkt kein Passagier, mit 6,50 Euro zusätzlich belastet wurde.

Cinque Terre, der etwa zwölf Kilometer lange Küstenabschnitt nördlich von La Spezia in der Region Ligurien mit seinen fünf Dörfern, ist Weltkulturerbe und ein touristischer Höhepunkt wohl jeder Italienreise. Wir wollten einige Blicke auf diese Steilküste aus der Luft werfen. Noch vor Erreichen dieses Küstenabschnittes galt es zunächst, auf äußerst strikte Anweisung des Controllers von Livorno in unbeliebten Flughöhen unterwegs zu sein. Fünfzehn Minuten in 500 Fuß über dem Wasser und an der bebauten Küste entlang; keine Chance auf eine sichere Landung im Ernstfall, aber gute Chancen auf tolle Fotos. Und so überflogen wir den Hafen von Livorno und konnten den am Kai liegenden Fähren und Kreuzfahrtschiffen fast horizontal in die Kabinen schauen. Als es wieder aufwärts ging, lag La Spezia mit der ligurischen Küste vor uns.

Flugplatz Turin-Aeritalia als Empfehlung

Genau dort sind in den Luftraumkarten leider Restriktionsgebiete verzeichnet, die das Abfliegen dieser schönen Küste vereiteln — eigentlich. Unsere Hartnäckigkeit hatte Erfolg und führte nach mehrmaligem Hin und Her mit Pisa-Radar zu einer Durchflugfreigabe, und die Küste von Cinque Terre durfte dann mit ihrer grandiosen Landschaft an uns vorbeiziehen. Die Cessna-Gruppe hatte sich leider zu früh mit der Situation abgefunden und La Spezia samt ligurischer Küste großräumig umflogen — dem Controller hat’s gefallen.

Der weitere Flug führte wie geplant an Genua vorbei, über die küstennahen Berge wieder in die Po-Ebene auf Turin zu. Turin-Aeritalia (LIMA), der Platz der Turiner Fliegerclubs, ist eine Empfehlung und ein Unterschied zu manch anderem von uns besuchten italienischen Platz. Sehr gute Infrastruktur, gepflegt, viel Grün, Gaststätte am Platz und dazu am Abreisetag noch die überraschende und freundliche Auskunft, dass wir als Gäste keine Landegebühr zu entrichten hätten und auch gerne bis zu drei Tagen ohne Parkgebühren die Maschinen abstellen könnten.

Der Heimflug verlief trotz schlechter Wettervorhersagen gut

Das Wetter machte uns nun erhebliche Sorgen. Für das Wochenende war mit deutlicher Verschlechterung zu rechnen, und wir mussten ja noch die Alpenüberquerung stemmen. Eine telefonische Wetterberatung am nächsten Morgen nach ohnehin detaillierter Wetterrecherche kürzte alle Diskussionen ab: umgehender Heimflug ohne jede weitere Verzögerung. Oder mit anderen Worten: Flucht.

Um von Turin nach Hause zu kommen, bot sich die Überquerung am Splügenpass an, also vom Comer See nach Norden, dann über Chur und dem Rheintal folgend bis Hohenems. Dort wollten wir zu Mittag essen. Nach der üblichen Flugplanaufgabe ging es am Lago Maggiore vorbei auf den Comer See zu. Die Wetterbedingungen verschlechterten sich, die geplante Route war indes weiterhin fliegbar, und über dem Comer See bei Bellagio begann die UL-Gruppe aus 2.000 Fuß mit dem Steigflug auf die geplante Flugfläche 85. Aber wie das so mit Plänen ist...

Am Nordende des Comer Sees waren wir auf Flugfläche 60, die Sicht war diesig und überall standen nun schon mächtige Cumuli, außerdem hatten wir eine fast geschlossene Wolkendecke in Richtung auf den Pass zu. Die Basis der Bewölkung, so schätzten wir, könnte knapp für den Überflug auf Passhöhe von rund 6.900 Fuß reichen. Langsam tauchte aus dem Dunst der charakteristische V-förmige Einschnitt auf, der die Passhöhe mit dem Splügensee ankündigte. Durch das „V“ hindurch waren die sonnenbeschienenen Bergflanken der nördlich vom Pass liegenden Schweizer Berge auf der anderen Talseite zu sehen, und unsere Flughöhe war mit 7.300 Fuß sportlich, aber ausreichend.

Welch ein Genuss, auf der schweizerischen Seite unter blauem, wolkenlosem Himmel weiterfliegen zu können! Der herrliche Flug bei bestem Wetter führte an Bad Ragaz vorbei und endete zunächst in Hohenems (LOIH) beim wohlverdienten Mittagessen. Der Heimflug beider Maschinen war nach dieser fliegerisch herausfordernden Woche wahrlich einfach. Nach insgesamt knapp einer Woche mit 18 Flugstunden, die uns unvergesslich bleiben werden, landeten wir bestens gelaunt, aber auch erschöpft, in Pattonville. Nach dem Fluglager ist vor dem Fluglager. 2016 — wohin?

Text und Fotos: Hans-Jürgen Reichardt

Dieser Text erschien zuerst in DER ADLER Ausgabe 10/2015 (PDF).

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